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von Pfarrer GUIDO KOHLENBERG, SPEICHER (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg)

Predigttext    LUKAS 19
1 Und er ging nach Jericho hinein und zog hindurch. 2 Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. 3 Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt. 4 Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen. 5 Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. 6 Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden. 7 Da sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt. 8 Zachäus aber trat herzu und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück. 9 Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist ein Sohn Abrahams. 10 Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
Onlinepredigt     Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommen wird!

Liebe Geschwister, liebe Gäste,

  1. Zu Beginn ein Bekenntnis. Keine Sorge, es kostet mich nur einen Satz. „Ich habe mich noch niemals zuvor solche Schwierigkeiten gehabt, mich zu ver-orten – wie zur Zeit!"

    Wie ich das meine? Ich mache es an drei Beispielen fest:

    A – Soll ich nun für Mundnasenmasken sein, zumindest zeitweise? Oder doch zumindest für den Aufstand gegen Strafen für Maskenvergesslichkeit – natürlich friedlich und auf Abstand.

    B – Bin ich nun fürs herzliche Umarmen (immer noch und zumindest ab und zu bei vertrauten Menschen)? Oder bin ich doch lieber nur fürs Winken per Video-Kontakt?

    C - Bin ich für Gottesdienste für alle Sinne mit Lied, Abendmahl und zumindest einer gemütlichen „Plastikflasche Sprudel danach“? Oder sollten wir das alles nicht lieber so lange wie möglich am Besten ganz sein lassen?

     
  2. Menschen brauchen nun aber Ordnungen; Einordnungen, Ver-Ortungen. Und sie müssen sich auch selber einordnen können. Sonst werden sie über kurz oder lang müde, krank oder verrückt. Menschen bekommen deshalb schon früh Odnungen gesetzt (in Elternhaus, Kita und Schule); oder sie setzen sie sich selber! - Kinder lieben deshalb so etwas ->
    Kennen Sie solch ein   STECKSPIEL „HAUS“ ?

    Die Menschheit ordnet und sortiert wahrscheinlich seit Beginn an: Die Zeit, die Welt, sich selber (!). Gott… versuche die Menschen zumindest in ein System zu bringen (das nennt sich auch „Theologie“) – und nicht zuletzt immer wieder auch die Menschen um sich herum!

    Und das ist auch wichtig. Überlebenswichtig. Und ungeheuer entlastend. Man fängt nämlich nicht immer wieder von vorne an. Wenn ich einmal „eingeordnet“ habe, wie heiß eine Herdplatte sein kann, muss ich nicht immer wieder drauffassen. Wenn ich den Weg vom Bett zum Bad auch ohne Licht schaffe, habe ich nicht immer wieder solche Einschlafprobleme. (Haben Sie andere Beispiele?)

     
  3. Wenn die Welt kopfsteht, ist das hingegen äußerst anstrengend, bringt manche dazu, sich selber auf den Kopf zu stellen, andere führt es geradezu in den Zerbruch oder in die Zerstörungswut. Mit Konfis habe ich vor 10 Tagen ein Bild angeschaut, das ganz ähnlich aussah wie dieses Haus hier, wenn ich das einmal … umdrehe ->

    Stellen Sie sich einmal ein Haus vor, das auf dem Kopf steht oder solch ein       UMGEDREHTES SPIELZEUGHAUS

    Und natürlich kann ich deshalb gerade gar nicht anders, als mir unseren Predigttext (den wir eben schon als Evangelium gehört haben) unter diesem Aspekt anzuschauen:

     
  4. Wenn doch Menschen auch in anderen Kulturen und schon vor langer Zeit das Bedürfnis hatten zu ordnen, zu sortieren, zu „schubladisieren“ (selbst als es noch gar meine Schubladen gab) – ob sie das wohl in dieser kleinen Episode mit Jesus und Zachäus wohl auch getan haben werden? ->
    Natürlich! - Sie hören meine Vermutung dabei heraus: Die Menschen konnten nämlich gar nicht anders!

     
  5. Doch ich lese zunächst die ersten 10 VV aus Lukas 19:
    1 Und er ging nach Jericho hinein und zog hindurch. 2 Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. 3 Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt. 4 Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um ihn zu sehen; denn dort sollte er durchkommen. 5 Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren. 6 Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden. 7 Da sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt. 8 Zachäus aber trat herzu und sprach zu dem Herrn: Siehe, Herr, die Hälfte von meinem Besitz gebe ich den Armen, und wenn ich jemanden betrogen habe, so gebe ich es vierfach zurück. 9 Jesus aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn auch er ist ein Sohn Abrahams. 10 Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.
  6. Ob man diesen Zachäus einsortiert hatte? Klar längst: Kleiner (1), korrupter (2) Gauner (3). Schon drei Einordnungen. Aber er selber hatte vermutlich auch so seine Schubladen: „Diese beschränkten Menschen in meinem Dorf! Kaum kommt ein Wanderrabbi vorbei, rennen sie zur Straße!“ „Wahrscheinlich auch nur so ein SCHUNKENMEESTER  (Eifler Meiserprüfer, die schon gerne mal einen Schinken annehmen, ansonsten aber unfähig sind.) – aber hingehen kann ja nicht schaden.!“ … Und sich selbst?  Etwa so: „Bin ja selber so ein SCHUNKENMEESTER, solch ein Fähnchen im Wind. Aber ich werde dadurch einmal sehr reich sein! – Und gefürchtet!“ oder „Mich haben Menschen noch nie wirklich verstanden!“ Oder ähnlich. Oder auch ganz anders! - Und so könnte ich jetzt weitermachen. Und einmal egal, ob solch eine Sortierung passt, also zutrifft … oder nicht - (Vielleicht war Zachäus ja noch nicht einmal besooonders klein!) Hilfreich ist es allemal!
     
  7. Nicht umsonst spricht man seit 125 Jahren von „Übertragung“ und „Projektion“. (S. Freud) als mögliche Erklärungen von Verhaltensmustern, weil der Mensch ja seine Erfahrungen und Begegnungen und sich selbst (und nicht zuletzt auch Forschungsergebnisse) ver-orten muss.

    Mit Projektion ist übrigens ein Verhalten gemeint, bei dem ich Gefühle, Wünsche und Befürchtungen (oft aus der eigenen Kindheit heraus) von mir auf einem anderen wie ein Projektor abbilde oder eben von einem anderen Menschen von früher auf einen Menschen heute beziehe.
     
  8. Ob sie wohl auch Jesus „verortet“ haben werden? - Gewiss!  Wenn es denn so doch allzu menschlich ist. Und dann noch die eigenen Erfahrungen mit Menschen (ganz früh schon) und mit mir selbst und zumindest bei den Jüngern auch mit Jesus direkt mit eingeflossen sind: Projektion, Übertragung, Muster. (Auch wenn‘s die Begriffe noch gar nicht gab.)

    Genauso hat er geschaut, als er mich vor Monaten gerufen hat!“ Das KÖNNTE einer gesagt haben. Und tatsächlich…. Ergebnis: Muster (VER-ORTUNG) stimmt. Oder jemand sagte: „So rannte schon mein Großonkel immer, wenn er ganz schnell durchs Dorf durchwollte…“ Kindheitsmuster. Übertragung. Alles okay! Und doch – FEHLANZEIGE!

     
  9. Das PROBLEM oder aber „DIESES RIESEN-WUNDER GOTTES“ war, dass Jesus immer wieder aus Schubladen und Verortungen raussprang. Die einen dachten dann vielleicht „Der hat da Spaß dran, uns zu überraschen!“ Manche hielten ihn für sprunghaft oder gar für den Teufel, den Durcheinanderbringer höchstpersönlich. Dabei …   …   …
     
  10. Ja, warum war dieser JESUS wohl so anders? Warum ließ er sich nicht einfach VER-ORTEN? – Genau, der kam aus dem Himmel, der war Gott / Gottes Sohn. Ja, er wollte tatsächlich Menschen in den Himmel locken, ihnen den Himmel schmackhaft machen, die Sehnsucht wecken nach einem NOCHVIELMEHR… UND er hatte aus all diesen Gründen ein ganz anders System!

    10b – Nicht dies! (KINDERLEGESPIEL-HAUS) Sondern dies: Ein großes OHR … ein großes HERZ … und eine große HAND.

    10c – Und da passte eine ganze Menge ‘rein. Da passt immer noch eine ganze Menge rein. Und Jesus sagte nicht: Wenn du hier was wegschleifst an deinem Wesen und dort was dranpappst an deine Person, dann passt du … vielleicht …. (ZEIGEN) dort rein .. ins Haus!

    10d – Nein! Du PASST da rein! Weil Gott das so will. Weil Gott Dich schon in Gedanken oder im Herzen hatte, bevor du das Licht der Welt erblickt hast.

    10e – Und WENN du entdeckst, wie gut du da … (ZEIGEN MIT DEM HERZ) reinpasst, dann wird sich dein Leben verändern! - Siehe Zachäus! (...)

     
  11. Nein, so frei von Verortungen bin ich noch lange nicht! Und ich werde es vielleicht bis an mein Lebensende nicht sein, werde weiter kleinlich ordnen, sortieren, Schubladen beschriften und füllen (auch mal ausräumen?) und froh sein, wenn ich mich selber wieder ein bisschen besser verorten – oder doch immerhin das zeitweilige Chaos so besser aushalten kann!

    11b – DENN Seine Liebe ist in all dem ja nicht beliebig! Oder „unordentlich“! ER ist sehr sehr klar. Er kann Grenzen setzen und sogar ziemlich zornig werden! – DOCH hinter all dem steht bei Jesus eben das göttliche System zurechtbringender LIEBE!

    11c – Wie schreibt der Liedermacher, E-FUNGELIST und T-SHIRTDRUCKER Arno Backhaus?
    Man muss nicht erst FERTIG sein, um in den Himmel zu kommen. Eigentlich …. kommen tatsächlich sogar nur unfertige Menschen in den Himmel!

     
  12. Doch, das macht mir Mut!, die Schublädchen mal zur Seite zu legen, mich beherzt zu ver-orten – vielleicht ja nur „bis auf Weiteres“ und mich von Jesus … infizieren zu lassen mit der „Ordnung von Gottes zurechtbringender Liebe!“

ER wird mich auch da oben auf meinem Baum entdecken! Bestimmt!

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, der bewahre Sie in Christus Jesus, dem Gekreuzigten und Auferweckten und Gegenwärtigen! (Amen)

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