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von Pfarrer GUIDO KOHLENBERG, SPEICHER (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg)

Predigttext    1. Thessalonicherbrief, 1-6
1 Von den Zeiten aber und Stunden, Brüder und Schwestern, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; 2 denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht. 3 Wenn sie sagen: »Friede und Sicherheit«, dann überfällt sie schnell das Verderben wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entrinnen. 4 Ihr aber seid nicht in der Finsternis, dass der Tag wie ein Dieb über euch komme. 5 Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis. 6 So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein.
Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommen wird!

Liebe Geschwister, liebe Gäste,

ich lese uns den für heute vorgeschlagenen Predigttext aus dem 1. Thessalonicherbrief vor:

1 Von den Zeiten aber und Stunden, Brüder und Schwestern, ist es nicht nötig, euch zu schreiben; 2 denn ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht. 3 Wenn sie sagen: »Friede und Sicherheit«, dann überfällt sie schnell das Verderben wie die Wehen eine schwangere Frau, und sie werden nicht entrinnen. 4 Ihr aber seid nicht in der Finsternis, dass der Tag wie ein Dieb über euch komme. 5 Denn ihr alle seid Kinder des Lichtes und Kinder des Tages. Wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis. 6 So lasst uns nun nicht schlafen wie die andern, sondern lasst uns wachen und nüchtern sein.

Wann wird das sein? Schlimm genug, wen wir von guten Dingen nicht wissen, wann sie eintreffen: Wann kommt das Christkind? Wann rufst du mich an? ODER AUCH NUR: Wann dürfen wir wieder in die Schule? - Schlimmer noch, wenn es um „böse“ Dinge geht: Wann muss er sterben? Wann sind die Flieger über uns? ODER AUCH NUR: Wann mähen Sie wieder Ihren Rasen?

Was könne wir doch froh sein, dass die Leute der Gemeinde, die Paulus gegründet hatte (Apg 17, 4f), ihm endlos Fragen stellten. Und dass diese Fragen meistens aus einem Streit heraus entstanden. Und dass es schon die „Thessalonicher Bundespost“ gab.

Deshalb nur liegen uns auch die meist ausführlichen Antworten des Paulus vor, die er – ebenfalls – mit Postboten verschickte. Oft greift er tief in seine Gelehrsamkeit und seine Gotteserkenntnis hinein bei den Antwortbriefen. Und manchmal, zugegeben selten, schreibt er auch „DAS WEISS ICH NICHT!“ - Ein wenig öfter – und so auch hier – formuliert er: „Darauf muss ich jetzt doch gar nicht antworten!“

Und mir versetzt solch eine Antwort immer einen kleinen Stich. Das muss wohl mit meiner Kindheit zusammenhängen  :-)    Da kommt bei mir an, dass jemand meine Frage offenbar nicht für so wichtig hält. Bei genauem Hinschauen ist es hier bei Paulus aber anders. Er ergänzt ja noch: „Das wisst ihr doch selber!“

Nur geht es hier eben nicht um die Frage eines Drittklässlers, wieviel denn 3x3 sei. „DAS WEISST DU DOCH WIRKLICH SEIT 2 JAHREN SELBST!“ Sondern es geht um die weitaus umfassendere Erkundigung, die man vermutlich in meiner Heimatstadt in gewohnt knapper Art so zusammenfassen würde:

WANN IS HIMMEL?

Ein wenig gelehrter und angemessen pietätvoll: „Wann ist der Zeitpunkt gekommen, lieber Paulus, dass Jesus wiederkommt, wie er es versprochen hat und damit das Reich Gottes in seiner ganzen Fülle anbricht….“ Paulus hatte es sich (damals) angewöhnt, etwas …. nun, breiter zu formulieren, als wir Duisburger heute!

Es ist eigentlich auch nicht so wichtig, wie wir heute – aus der Eifel, aus dem Ruhrgebiert, dem Schwabenland oder sonstwoher (…)  stammend, das in eine Frage kleiden würden.

Viel viel viel wichtiger ist, wie wir mit dieser Frage umgehen, wo doch auch 20000 Jahre später das noch nicht eingetroffen ist, von dem der Apostel Paulus in seinem Brief aus Korinth schon im jahre 49 oder 50 nach Chistus schreibt: „Lasst uns am Besten nicht mehr schlafen, denn dieses Ende kommt ganz schön bald und zwar so, wie ein Dieb in der Nacht.“

Kurzer Seitenblick auf Jesus, von dem man – natürlich – auch immer wieder Antwort auf diese Frage erwartet hatte!

(Übrigens alles vorgegebene Predigttexte für den Monat November. Ich verstehe bis heute nicht so ganz, warum! Wo es doch ohnehin dunkel in diesen Wochen und im Übrigen noch nicht zuende ge-forscht ist, ob das heute wirklich noch die Frage der Mehrheit ist. Die Frage heute, Nov. ‘20, wäre ja vielleicht: „Wann is` Corona zuende?“ Damit ist dann ja noch lange nicht das Reich Gottes angebrochen!)

Also zu Jesus: Er spricht gerne in Gleichnissen und beantwortet auch die Fragen seiner Zeit gerne auf diese Weise. Und so spricht er einmal vom Ende der Welt, indem er – auch das machte er gerne – von einer Hochzeit und von 10 Brautjungfern erzählt, die den Bräutigam erwarten, der aus einer anderen Stadt kommen soll….

Und dann … ist das Öl „alle“! Und die einen müssen sich Öl besorgen. Von ihren Mitbrautjungfern bekommen sie „nix“. („Wir müssen schon an uns selber denken!“) - !!! - Und als sie gerade da-von sind, um Öl zu kaufen (mitten in der Nacht? Ist ja nur ein GL!), da kommt der Bräutigam. Und die einen gehen mit ihm rein zur Hochzeitsfeier und die anderen … müssen draußenbleiben wie ein Hund vor der Metzgerei … Pech gehabt! Ein echt heftiges Gleichnis, wenn man das mal so in unsere Zeit (in unser Fragen oder Nichtfragen ) hinein übersetzt: „Wir feiern ohne Dich“ (…) Deshalb:

„Kümmer dich darum, dass du mit allem ausgestattet bist, was du brauchst, wenn Jesu wiederkommt. Denn im Ernstfall kann dir kein anderer ein Stückchen Heiliger Geist borgen, damit du vorbereitet bist.“ – Ja, jede(r) steht für sich vor Gott. Keine geistlichen Mütter oder Großväter mehr, die man vielleicht ein Leben lang vorgescho-ben hat: „Meine Oma hat immer in der Bibel gelesen!“ „Mein Vater war zeit seines Lebens im Presbyter!“ „Tante Aurelia hat immer viel gespendet“ usw.

Vor Gott steht jeder allein. Und das ist auch gut so! Das macht mich – kleiner Rückblick auf die Wertigkeit jedes einzelnen, um die es vor 2 Wochen im Gottesdienst ging – das macht mich wichtig, wertvoll.

Und jeder und jede kann ausgestattet sein mit ausreichend Öl, weil Jesus ja nichts lieber tut, als von diesem Öl auszuteilen…

Nu wieder zum guten alten Paulus! (So alt ist er wohl noch gar nicht. Bibelforscher gehen davon aus, dass das sein ältester erhaltener Brief ist. Der früheste also!) Scheinbar brüsk schreibt er:

„Ich kann euch nicht sagen, wann Jesus kommt. Ihr wisst doch sel-ber, dass niemand den genauen Termin kennt. Ihr habt doch gelernt, dass Jesus nicht gesagt hat: Es wird am 9. November um Mitter-nacht sein… Das heißt, für Speicher (Bitburg, Bollendorf…) noch die Zeitverschiebung von Jerusalem, also um bereits um 23 Uhr in der nacht. Obwohl, wenn das via Satellit übertragen wird…“

Nein, das weiß keiner. Auch wenn kurz vor dem Jahr 2000 ganz viele meinten, genau zu wissen, wann das Reich Gottesanbrechen würde. Nein! Das weiß keiner. Und auch wenn ein Lied meiner Kindheit, das uns das Herz stocken ließ, lautete: „Du warst nicht vorbereitet!“, so will Paulus hier keine Angst machen, sondern – ebenso wie Jesus und ganz im Gegenteil – Mut machen will er, sich vorzubereiten, quasi permanent vorbereitet zu sein, im Verharrungslevel zu leben.

Klingt anstrengend, ist es manchmal auch - vielleicht gerade in diesen Monaten, wo man ständig beruflich, gemeindlich und privat beim Planen gleich Plan B und Plan C und Plan D … noch mitbedenken muss. Aber es ist vor allem die allerbeste Antwort auf die Frage, die Mensch einem anderen geben kann, der fragt: WANN IS‘ HIMMEL?
Eigentlich gibt Paulus – überraschend knapp – drei Antworten:

  1. Antwort: NICHT, wenn alle vom Frieden reden …
  2. Antwort: Ihr seid gar nicht in der Finsternis.
    Ihr seid schon im Licht!
  3. Antwort: Schlaft nicht, sondern seid nüchtern und wachsam.

Hier MUSS einer meiner Lieblingssprüche der alten Propheten hin. Jesaja sagt: „DIE AUF DEN HERRN WARTEN, KRIEGEN IMMER WIEDER NEUE KRAFT!“

Das Warten hat eine Verheißung. Und manchmal ist es mir trotzdem einfach zu viel. Vielleicht kennen Sie das? Umso wichtiger ist mir die Entdeckung, dass Paulus hier vom „IHR“ spricht. Das Warten ge-schieht in Gemeinschaft. Ja, jeder muss schon für sein Öl sorgen! Das ändert sich nicht. Aber jeder mit seinem Fläschchen Öl in der Hand, jeder mit dem Heiligen Geist ausgestattet, warten wir gemeinsam – wenn wir Gottesdienst oder Andachten feiern zum Beispiel.

Wie komme ich nun an das Öl? Nichts leichter und nichts schwerer als das! Jesus ruft und ruft und ruft. Wer ihm antwortet, sich ihm öffnet, der – so die klare Verheißung – den Heiligen Geist! Und zwar ausreichend! Und nichts schwerer als das, weil all meine Leistung, all mein Tun, all meine Ehrennadeln und Zeugnisse und guten Taten hier nichts taugen und ich vielleicht noch nicht einmal etwas spüre, ich nicht einmal ein gutes Gefühl dabei habe.

Dann zählt nur, was James Matis, der damalige Verteidigungsmi-nister der USA, im Jahr 2017 machte, als in Washington über einen Atomschlag gegen Nordkorea nachgedacht worden sein soll: Er ging in die National Cathedral von Washington DC und …. betete.

Ja, nichts anderes als das ist mit WARTEN gemeint. BETEN! „Beten ist Reden mit Gott – und Hören!“ heißt es in einem Lied. Und wie gut, dass es in unseren Gottesdiensten zu beidem Gelegenheit gibt. Und wie gut, dass die zusätzlichen Gelegenheiten mit Gott zu reden und auf ihn zu hören, gegen „Unendlich“ tendieren. Solange Jesus noch nicht wiedergekommen ist, jedenfalls.

Denn dann … „is‘ ja Himmel“! Dann … wird das Warten ein Ende haben. Dann … wird er uns … nicht mit Maske und auf Distanz den Ellenbogen entgegenstrecken. Dann … wird ER uns - einen nach dem anderen - in den Arm nehmen und sagen: „Mein geliebtes Kind! Lang genug gewartet! Jetz‘ is‘ Himmel!

WENN HIMMEL IS – dann zählt nur eins! Dann zählt nur die Bezie-hung zu dem Kommenden, zu Jesus selber. Und Paulus wird nicht müde, von dem zu schreiben. Paulus wird nicht matt, von der umwälzenden Begegnung mit diesem Auferweckten zu schreiben.

Natürlich darf ich auch ruhen und schlafen: Gott hat sich doch meinen Körper ausgedacht. Und der braucht das. Aber Im Blick auf meine Beziehung zu Jesus darf ich nicht müde und matt werden.

Im Jesjajaabschnitt, den ich schon zitiert habe, gibt es übrigens fri-sches Öl auf die Mühlen der Verzagten und Müden und Matten. Denn genau da heißt es „Jünglinge werden müde und matt…, aber die auf den Herrn warten („harren“), kriegen neue Kraft!“

Und „Kraft“, das ist doch letztlich nur ein anderes Wort für Power, Dynamis, das, was Gott in die hineinlegt, die sich ihm anvertrauen, die hin aufrichtig suchen. Und genau das, was wir brauchen!

Hast Du schon einmal voller Vorfreude gewatet? Und kannst Du Dich erinnern, wie es Dir ging? Und weißt du noch – wenn es sich denn erfüllt hat, worauf du gewartet hast - was das bei dir ausgelöst hat? So oder so ähnlich dürfen wir uns das ganz ganz kindlich vorstellen, wenn Jesus wiederkommt. Der Bräutigam zu seiner Braut (der Gemeinde) oder – wie in dem Gleichnis Jesu – zu den Brautjungfern.

Und bitte, lasst uns nicht darauf warten, dass der EINE sagt: „Du warst nicht vorbereitet!“ Lasst uns voller Freude, wachsam und vor-bereitet sein - jeder für sich mit dem Öl des Heiligen Geistes ausgestatte und alle miteinader harren, harren, harren!

Und immer wieder mal nachlesen, was ein Paulus schon damals dazu geschrieben hat. Oder was Abraham tat oder Jesus sagte …

UND DER FRIEDE GOTTES, DER HÖHER IST ALS ALLE UNSERE VERNUNFT, DER BEWAHRE UNSERE HERZEN UND SINNE IN CHRISTUS JESUS, DEM GEKREUZIGTEN UND AUFERWECKTEN UND GEGENWÄRTIGEN! (Amen)

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