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von Pfarrer GUIDO KOHLENBERG, SPEICHER (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg)

Predigttext    Hebräer 11 + 12
11) 1 Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. 2 In diesem Glauben haben die Alten Gottes Zeugnis empfangen. (…)
8 Durch den Glauben wurde Abraham gehorsam, als er berufen wurde, an einen Ort zu ziehen, den er erben sollte; und er zog aus und wusste nicht, wo er hinkäme. 9 Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen im Land der Verheißung wie in einem fremden Land und wohnte in Zelten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung.
10 Denn er wartete auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist. 11 Durch den Glauben empfing auch Sara, die unfruchtbar war, Kraft, Nachkommen hervorzubringen trotz ihres Alters; denn sie hielt den für treu, der es verheißen hatte.
12 Darum sind auch von dem einen, dessen Kraft schon erstorben war, so viele gezeugt worden wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Ufer des Meeres, der unzählig ist. (…)
39 Diese alle haben durch den Glauben Gottes Zeugnis empfangen und doch nicht die Verheißung erlangt, 40 weil Gott etwas Besseres für uns vorgesehen hat: dass sie nicht ohne uns vollendet würden.

12) 1 Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns umstrickt.
Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, 2 und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande geringachtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.
3 Gedenkt an den, der so viel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, dass ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.
Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommen wird!

Liebe Geschwister, liebe Gäste,

Das können Sie mir glauben!“ Kennt Ihr den Satz? – Wie oft habe ich den in den vergangenen Monaten hören müssen: Im Radio, im Fernsehen, beim Anwalt oder im Briefverkehr mit unserer Kirchenleitung. Warum drängt sich mir nur mehr und mehr die Ahnung (oder Befürchtung) auf, dass das immer dann besonders betont wird, wenn das vertrauen – nun – nicht so unbedingt angebracht ist?

Dabei – und das muss ich hier natürlich unbedingt ergänzen – ist das schon eine feine Sache, wenn mir – wie in der vergangenen Woche gleich dreifach geschehen – ein Handwerker zusagt: „Ich bin um 9 Uhr am Mittwoch (wahlweise 11 Uhr am Freitag… Sie wissen schon!) da – und – Punkt 9 Uhr steht der entsprechende Mensch auf der Matte… Wenn jetzt Schleichwerbung in der Predigt nicht verboten wäre…. Aber nein, das geht natürlich gar nicht!

Das stärkt dann ein wenig mein angeschlagenes Vertrauen in die Menschheit. 😊 Denn Gott spricht mir das – zugegeben – so direkt wie ein menschlicher Zeitgenosse selten bis nie zu. Ich muss mich schon drauf verlassen, dass er das durch andere Menschen, Lieder, Träume … und natürlich sein schriftgewordenes Wort macht. Und das macht er ja. So auch heute!

Manchmal und nicht selten ist das dann eine Geschichte von Jesus, in denen er ähnliche vertrauensstärkende Worte wählt, wie zum Beispiel: „Habt doch keine Angst!“

Hier, beim Schreiber des Hebräerbriefes, ist das eher ein ermutigender Rückblick zu den Ahnen. Gut, dass wir als Christen laut Paulus „eingepfropft“ sind in das Volk Israel durch den jüdischen Messias Jesus. So können wir das dann auch persönlich nehmen:

VATER ABRHAM (nicht der mit den Schlümpfen) hat geglaubt. Wenn er etwas konnte, dann war das GLAUBEN. „Glaube bis zum Abwinken“ könnte man beinahe sagen.

Hier heißt er allerdings noch ABRAM - also vor der Begegnung mit Gott, als er 99 Jahre alt ist und Gott ihm als Zeichen seiner Zusage einen neuen Namen gibt. Und hier ist tatsächlich – im NT eher ungewöhnlich – zunächst einmal vom Glauben als „Fürwahrhalten“ die Rede.

    • ABRAM kannte Götter, aber nicht Gott. Klingt komisch Stimmt. Will sagen: Natürlich gab es zu seiner Zeit in seinem Umfeld im babylonischen Ur eine Unmenge Götter. „Abram“ bedeutet „Vater ist erhaben“, was auf eine höhere Herkunft hindeutet.

Der „Abra-Ham“, der Vater vieler Völker ist er da noch lange nicht! Ganz im Gegenteil! Und dass Gott sich höchstpersönlich zu Wort meldet, ihn anspricht und ganz praktische Anweisungen gibt – wir nennen das auch OFFENBARUNG („Gott offenbart sich!“) – das kannte er noch nicht. Eigenartig, dass er dann glaubt, oder? Er macht das jedenfalls.

    • Und ER HIELT DAS FÜR WAHR, was er noch gar nicht sehen konnte. Selbst den, den er nicht sah, hielt er für wahr. So schreibt es der Verfasser des Hebräerbriefes. Und er geht vertrauensvoll los. Ich las jetzt in einer Zeitschrift, dass man einen Plan braucht, wenn man etwas verändert und neu aufbricht. Und ein klares Ziel. Und vertraute Menschen, die das mit einem teilen und und und. Und Abram hatte all das nicht! Er hatte – eigentlich – nur eine Zusage Gottes. Mehr nicht!

    • Meistens und so auch in den folgenden Versen muss man das GLAUBEN dann mehr als ein VERTRAUEN verstehen. (…) Wenn einer sagt „Das können sie mir glauben!“ meint er ja im Grunde auch „An der Stelle, in dieser Angelegenheit hier können Sie mir wirklich vertrauen!“

    • Durch den Glauben, also „…“ (hebr.) zieht Abram mit seiner Familie los. Durch den Glauben lebt er als fremder in einem Land. Und durch den Glauben empfängt die unfruchtbare Sara noch ein Kind.

ABRAMS Glaube, sein Vertrauen äußert sich im Warten - und im Gehen. Kurioserweise klappt das bei ihm gleichzeitig! - Man stelle sich einmal vor: Fünf Jahre seines Lebens verbringt ein Bundesbürger im Durchschnitt mit Warten: an Kassen oder Schaltern, im Auto, vor geschlossenen Türen oder schlaflos im Bett. Das ist selten ein erstrebenswerter Zustand – Wünsche wollen jetzt gleich erfüllt werden.

Daher ist die sofortige Lieferung ein zentrales Versprechen der heutigen Konsumgesellschaften. Ihnen erscheint Warten als unsinnige Verschwendung, denn Zeit sei ja nichts anderes als Geld!

In der Literatur jedoch gibt es keine vertane Zeit, keine leeren Minuten, Stunden oder Tage. Im Gegenteil: Schon ein Homer erhebt das Warten zum Lebensinhalt, der nicht immer langweilig oder quälend sein muss. Manche Schriftsteller verleihen ihm sogar einen aktiven Charakter.

Eine Geschichte von Paul Waclawik macht allerdings deutlich, dass es gar nicht gut ist, zu lange zu warten:

Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommen ihm Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht's mir wirklich. – Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch noch bevor er "Guten Tag" sagen kann, schreit ihn unser Mann an: "Behalten Sie Ihren Hammer, Sie Rüpel!"  (P. Watzlawick, Anleitung zum Unglücklichsein) 

Eine andere kleine Geschichte erzählt von Kardinal Michael  von  Faulhaber, der um 1900 herum gelebt hat  (1869–1952)  und  bei  einem  Festessen  neben  Professor Albert  Einstein  (1879–1955) zu sitzen kam. Einstein meinte: „Eminenz! Was würden Sie sagen, wenn  wir  Mathematiker  Ihnen  rechnerisch  einwandfrei  beweisen  würden,  dass  es  keinen Gott gibt?“ Darauf antwortete der große Kardinal: „Ich würde in Geduld warten…, bis Sie Ihren Rechenfehler gefunden haben!

Schließlich noch eine kleine Geschichte von dem deutschen Schriftsteller Heinrich Spoerl (1887-1955):
„Es war einmal ein junger Bauer, der wollte seine Liebste treffen. Er war ein ungeduldiger Geselle und viel zu früh gekommen. Und verstand sich schlecht aufs‘ Warten. Er sah nicht den Sonnenschein, nicht den Frühling und die Pracht der Blumen. Ungeduldig warf er sich unter einen Baum und haderte mit sich und der Welt.
Da stand plötzlich ein graues Männlein vor ihm und sagte: „Ich weiß, wo dich der Schuh drückt. Nimm diesen Knopf und nähe ihn an dein Wams. Und wenn du auf etwas wartest und dir die Zeit zu langsam geht, dann brauchst du nur den Knopf nach rechts zu drehen, und du springst über die Zeit hinweg bis dahin, wo du willst.“
Er nahm den Zauberknopf und drehte: und schon stand die Liebste vor ihm und lachte ihn an. Er drehte abermals: Und saß mit ihr beim Hochzeitsschmaus. Da sah er seiner jungen Frau in die Augen: Wenn wir doch schon allein wären. Wenn unser neues Haus fertig wäre. Und er drehte immer wieder. Jetzt fehlen uns noch Kinder! Und drehte schnell am Knopf.
Dann kam ihm neues in den Sinn und er konnte es nicht erwarten. Und drehte, drehte, dass das Leben an ihm vorbei sprang, und ehe er sich’s versah, war er ein alter Mann und lag auf dem Sterbebett. Und merkte, dass er schlecht gewirtschaftet hatte.
Nun, da sein Leben verrauscht war, erkannte er, dass auch das Warten des Lebens wert ist. Und er wünschte sich die Zeit zurück.

Ja, und dann gibt es noch das sprichwörtlich gewordene „WARTEN AUF GODOT“. In dem Theaterstück von Samuel Beckett warten irgendwo an einer Landstraße Estragon und Wladimir auf einen Unbekannten namens Godot. Den Grund der Verabredung wissen sie nicht mehr; sie wissen auch nicht, ob und wann Godot kommen wird. Sie warten und warten. Und immer wieder sagen die beiden: „Wir gehen jetzt!“
Doch sie tun es nicht. - Im Wechsel mit der Absicht sich umzubringen, was sie auch nicht schaffen. Zwischendurch kommt zweimal ein Junge, der ihnen die Nachricht bringt, Herr Godot komme zwar nicht heute, aber bestimmt morgen. (…)

Warten … ist nicht nur ein Thema für die Adventszeit, sondern – vielleicht mehr noch – auch für die Passionszeit. Warum ??? - Warten auf den Messias! Warten auf das neue, das unangreifbare Leben. Warten auf die feste Stadt – alles das greift noch weit über Ostern hinaus!

Man könnte ja beinahe sagen: „Worauf wartest Du noch? Nun warte doch endlich?“ Klingt komisch, oder? Aber Abraham macht genau das. Er wartet; er wartet endlich. 75 Jahre lang hat er zu wenig gewartet (ich habe am Mittwoch im Seniorenheim gefragt, wer genau 75 J. alt ist.) 75 Jahre hat er bestimmt auf vieles gewartet, nur nicht darauf, dass der lebendige GOTT in sein Leben eintritt. Das geschieht unerwartet. Und der fordert ihn nun auf, sehr aktiv zu Warten. Diese Bewegung nennt der Hebräerbrief GLAUBEN! -> Zu diesem Glauben lädt Jesus auch uns heute ein!

UND DER FRIEDE GOTTES, DER HÖHER IST ALS ALLE UNSERE VERNUNFT, DER BEWAHRE UNSERE HERZEN UND SINNE IN CHRISTUS JESUS, DEM GEKREUZIGTEN UND AUFERWECKTEN UND GEGENWÄRTIGEN! (Amen)

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