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von Prädikant Friedrich Gasper (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg)

Predigttext:     Lukas 19,37- 40
So kam Jesus zu der Stelle, wo der Weg vom Ölberg nach Jerusalem hinab führt. Da brach die ganze Schar der Jüngerinnen und Jünger in lauten Jubel aus. Sie lobten Gott für all die Wunder, die sie miterlebt hatten. Sie riefen: „Gesegnet ist der König, der im Namen des Herrn kommt! Friede herrscht im Himmel und Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe!“
Es waren auch einige Pharisäer unter der Volksmenge. Die riefen ihm zu: „Lehrer, bring doch deine Jünger zur Vernunft!“ Jesus antwortete ihnen: „Das sage ich euch: Wenn sie schweigen, dann werden die Steine schreien!“
Predigt:

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen

Liebe Gemeinde,

in der alttestamentarischen Lesung aus dem 1. Buch Samuel, die wir vorhin gehört haben, wird über die therapeutische Wirkung von Musik berichtet. Ich denke, der böse Geist, von dem da die Rede ist, ist eine schwere Depression unter der König Saul leidet. Offensichtlich war schon damals, vor über 3000 Jahren, entspannende Musik als Antidepressivum bekannt. Haben Sie auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Musik spricht in uns Bereiche an, die von rationalen, auf den Alltag gerichteten Gedanken nicht erfasst werden. Manche Leute, unter anderem auch Gehörlose, berichten, dass sie Musik nicht nur mit den Ohren wahrnehmen. Sie können musikalische Schwingungen mit dem ganzen Körper spüren. Musik kann bei uns ganz unterschiedliche Gefühle auslösen. Das Spektrum reicht von völliger Niedergeschlagenheit bis zu euphorischer Hochstimmung.

Die Verknüpfung dieser Gefühle mit bestimmten Bereichen unseres Gehirns ist auch der Grund dafür, dass Musik die Wirkung von Texten nachhaltig steigert. König David, hat, wie wir vorhin gehört haben, seit seiner frühesten Jugend davon Gebrauch gemacht. Ihm werden auch 73, der 150 erhaltenen Psalmen zugeschrieben. Allerdings gehört der Psalm 98, den wir eben gelesen haben, nicht dazu. Aber er gehört zu den Gesängen die zum Lobe Gottes gesungen werden. „Singt dem Herrn ein neues Lied!“ Der ein oder andere sieht darin vielleicht, mit einem schiefen Blick auf die Kirchenmusiker, die Aufforderung sich mal was Neues einfallen zu lassen. Ich möchte aber betonen, dass das für unsere Organisten auf keinen Fall zutrifft. Für mich fordert der Psalm vielmehr dazu auf, immer wieder aufs Neue, Gott zu loben und zu preisen für all das, was er für uns getan hat.

Darum geht es auch in unserem heutigen Predigttext aus Lukas 19,37- 40 (siehe oben).

Liebe Gemeinde, können Sie sich vorstellen, was da für eine Stimmung war. Die Jüngerinnen und Jünger waren außer sich vor Begeisterung für Jesus. Singt dem Herrn ein neues Lied. Lobt und preist ihn immer wieder aufs  Neue. Was sie in den letzten Jahren alles an Wundern erlebt hatten, war dafür wahrlich ein hinreichender Grund. Jesus hatte unzählige Kranke geheilt. Er hat sich als Herr über die Naturgewalten erwiesen und konnte aus dem Nichts heraus tausende von Menschen mit Nahrung versorgen. Zuletzt hatte er, durch die Auferweckung des Lazarus, auch gezeigt, dass er der Herr über Leben und Tod ist. Dieser Rabbi, war das Nonplusultra, die Erfüllung aller Wünsche oder kurz gesagt, der Messias, der Gesalbte, der von Gott erwählte König Israels. König Herodes Antipas war dagegen nur ein Vasall der Römer und wurde von gläubigen Juden nicht anerkannt. Das Jesus der erwartete Messias war, daran bestand für seine Anhänger kein Zweifel. Alle vier Evangelisten berichten darüber. Die Erwartungen sind riesig. Jesus ist für sie der Nachkomme Davids, der dessen Reich wieder herstellen und alle Not beseitigen wird.

Den Pharisäern ist das zu heikel. Sie befürchten,  nicht zu Unrecht, dass die Guerillagruppe der Zeloten sich dadurch ermutigt fühlen könnte doch einen offenen Aufstand gegen die Römer und ihre Handlanger zu wagen. Die Folge wäre sicher das Ende der Privilegien für Israel und die Entmachtung des Hohen Rats gewesen. Daher kam also die Mahnung an Jesus mäßigend auf seine Anhänger einzuwirken. Jesus lehnte das rigoros ab. Das sage ich euch: Wenn sie schweigen, dann werden die Steine schreien!
Manche Ausleger sehen darin ein Prophezeiung Jesu zum späteren Schicksal von Jerusalem, das im Jahre 70 n. Chr., bei der Niederschlagung des Zelotenaufstandes von den Römern erobert und zerstört wurde. Dafür spricht, dass im Lukasevangelium an diese Szene die Klage Jesu über Jerusalem anschließt.

Dich und deine Bewohner werden sie restlos vernichten. Keinen Stein werden sie auf dem anderen lassen –weil du den Tag nicht erkannt hast, an dem Gott dir zu Hilfe gekommen ist.

Diese Aussage von Jesus ist auf den ersten Blick etwas irritierend. Schon sein Name Jesus (hebr. Jehoschua: JHWH rettet) ist Programm und laut Matthäus, Markus und Johannes haben die Jüngerinnen und Jünger, dass auch erwartet. Der Hosianna-Ruf  deutet zu mindestens darauf hin. Die hebräische Form „hoschia’ na“ heißt nämlich „Hilf doch!“ oder „ Rette doch“  Sie haben also in Jesus die Rettung und Hilfe erkannt. Vielleicht bezog sich die Klage darauf, dass es nur die Jüngerinnen und Jünger waren und nicht die Masse der Bevölkerung.
Die Erwartungen waren, wie gesagt, riesig. Aber sie wurden nicht erfüllt, jedenfalls nicht in der Form, an die die Menge gedacht hatte. Es gab keinen erfolgreichen Aufstand gegen die römische Besatzungsmacht. Im Gegenteil, der triumphale Einzug in Jerusalem endete ein paar Tage später auf Golgatha am Kreuz.

In dem Bericht von Lukas fehlen die Hosianna-Rufe. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass Lukas selbst nicht persönlich dabei war. Sein Evangelium beruht auf sorgfältigen Recherchen und Augenzeugenberichten. Ich denke, dass ihm angesichts der darauf folgenden Entwicklung, die Hosianna-Rufe nicht so wesentlich erschienen. Dafür erwähnt er als einziger die Botschaft, die die Engel an Weihnachten verkündet haben. „Friede herrscht im Himmel und Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe!“ In der Weihnachtsgeschichte steht: Sie (gemeint sind die Engel)lobten Gott und riefen: „Gottes Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe! Sein Frieden kommt auf die Erde zu den Menschen, denen er sich in Liebe zuwendet!“
Damit bekommt der Name Jehoschua, JWHW rettet eine ganz neue Bedeutung. Es ging damals also nicht um die Rettung aus aktuellen Notlagen sondern um den Frieden zwischen Gott und den Menschen. Lukas verknüpft die Weihnachtsgeschichte mit den Ereignissen an Palmsonntag. Ich weiß nicht, ob das den begeisterten Jüngerinnen und Jüngern an diesem Tag so bewusst war. Aber nach Ostern oder spätestens nach Pfingsten werden einige von ihnen den Zusammenhang sicher erkannt haben.

Das  alles ist schon lange her und man kann sich daher fragen, welche Bedeutung das heute, mehr als 2000 Jahre später, für uns noch hat. Bezieht sich der Friede im Himmel nur auf das angespannte Verhältnis von Gott zu seinem Volk Israel oder sind wir auch betroffen? Fühlen wir uns auch als Betroffene oder doch eher als distanzierte Beobachter?
Können Sie sich so eine Begeisterung für Jesus, so wie damals, heute noch vorstellen? Was würden Sie sagen, wenn sich jetzt gleich in der Fußgängerzone eine spontane, nicht angemeldete Demo für Jesus formieren würde mit Sprüchen wie: „We love Jesus.“ „Jesus for President.“ „Wir sind das Gottesvolk.“ Und Jesus wäre mitten drin in diesem Umzug. in einem bescheidenen offenen Trabbi. So wie damals, als er auf einem Esel statt auf einem edlen Ross ritt, würde er ja jetzt auch keine Luxuskarosse nehmen.  Was würden Sie dazu sagen? Was würde die Öffentlichkeit dazu sagen? Könnten Sie sich vorstellen dann auch mit der jubelnden Menge mitzugehen?

Die Demo ist spontan und natürlich nicht angemeldet. Das ist zwar nicht verboten, löst aber beim Ordnungsamt und der Polizei Bedenken aus nicht nur wegen der Corona-Gefahr, sondern ganz allgemein wegen der Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Ich kann mir gut vorstellen, dass man dann an Jesus herantritt und ihn auffordert, seine Anhängerschaft zu bremsen, um einer Gefährdung der allgemeinen Sicherheit vorzubeugen. Würden Sie dem zustimmen?
Spontaner Jubel für Jesus oder lieber doch abwartende Zurückhaltung und festhalten an dem Gewohnten ist nicht nur eine Frage des Temperaments sondern auch eine Frage wie wir Jesus wahrnehmen.
Dass wir vor Begeisterung auch ausflippen können, hat man ja bei der Fußballweltmeisterschaft 2014 gesehen. Die Erfolge unserer Nationalmannschaft live  mitzuerleben berührte tief im Herzen. So ging es damals auch den Jüngerinnen und Jüngern von Jesus. Sie hatten seine Wunder hautnah und live erlebt und das ging ihnen zu Herzen. Für uns ist das aber räumlich und zeitlich weit weg. Wir haben die Berichte der Evangelisten gelesen und bezweifeln auch nicht deren Wahrheitsgehalt, aber das trifft nur unseren Verstand und nicht unser Herz. Zu den Menschen von damals haben wir, wenn man von Jesus einmal absieht, keine wirkliche emotionale Bindung. Selbst bei Jesus sind wir ja mehr auf unsere Vorstellung statt sinnlicher Erfahrungen angewiesen. Das reicht in der Regel nicht dafür aus uns vor Begeisterung ausflippen zu lassen.  
Trotzdem bleibt die Aufforderung „Singt dem Herrn eine neues Lied. Lobt und preist immer wieder aufs neue.“ bestehen. Warum sollten wir das tun?

Eine sehr schöne Antwort auf diese Frage gibt das Lied 673. Mit dem folgeden Text:

Orgel 1. Strophe + Refrain
Ich lobe meinen Gott, der aus der Tiefe mich holt, damit ich lebe. Ich lobe meinen Gott, der mir die Fesseln löst, damit ich frei bin.
Ehre sei Gott auf der Erde in allen Straßen und Häusern, die Menschen werden singen bis das Lied zum Himmel steigt: Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Frieden auf Erden.

Rein vordergründig bezieht sich unser Predigttext auf das konkrete Leben in Israel unter der römischen Besatzung. Vom Messias erwartete das Volk die Befreiung aus dieser Situation.
Viele biblische Texte haben aber, wie auch unser Predigttext, noch eine zweite, eine geistige Ebene, die sich auf unsere Situation im heutigen Leben bezieht. Da geht es nicht, wie bei Lazarus, um die Wiederbelebung im irdischen Leben sondern um die Wiederbelebung unseres geistigen Lebens, das wir durch den Sündenfall verloren haben. Es geht dann auch nicht um die Befreiung  von der römischen Besatzungsmacht sondern um die Befreiung aus der Macht der Sünde. Wir sind uns oft nicht bewusst, wie sehr wir unter der Macht des Sünde stehen. Aber versuchen Sie doch mal nur einen Tag lang ohne Sünde zu leben. Wissen Sie wie schwer das ist? Selbst der Apostel Paulus konnte das nicht und bekennt daher: „Das Gute, das ich will, tue ich nicht und das Böse, das ich nicht will, tue ich.“ Auch Martin Luther bekennt: „Mir ist es bisher wegen
angeborener Bosheit und Schwachheit unmöglich gewesen, den Forderungen Gottes zu genügen.“ Beide sehen nur allein in Jesus Christus die Möglichkeit aus dieser Macht der Sünde befreit zu werden. Das Gott uns diese Chance gegeben hat ist einer der Gründe ihn auch heute noch zu loben und zu preisen.

Orgel 2. Strophe + Refrain
Ich lobe meinen Gott, der mir den neuen Weg weist, damit ich handle. Ich lobe meinen Gott, der mir mein Schweigen bricht, damit ich rede.
Ehre sei Gott auf der Erde in allen Straßen und Häusern, die Menschen werden singen bis das Lied zum Himmel steigt: Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Frieden auf Erden.

Liebe Gemeinde, Gott kümmert sich nicht nur um unser Seelenheil am Ende unseres Lebens. Er ist auch in unseren ganz alltäglichen Sorgen und Nöten bei uns. In den Zeiten der Corona-Krise ist es uns ja eigentlich nicht nach lautem Jubel zu Mute. Aber Gott zeigt uns, dass wir nicht, wie das Kaninchen vor der Schlange, auf die nächste Katastrophenmeldung starren müssen. Gerade in dieser schweren Zeit haben viele Menschen bei uns ihre Hilfsbereitschaft wieder entdeckt. So viel Nachbarschaftshilfe, wie zurzeit, hat es schon lange nicht mehr gegeben. Das ist auch ein Grund Gott zu loben und ihm zu danken. Und wenn er unseren Ärztinnen und Ärzten und Pflegerinnen und Pflegern geholfen hat, wieder eine Patientin oder einen Patienten zu retten, dann können wir statt „Schwein gehabt!“ auch mal ruhig laut und mit voller Überzeugung sagen: „Gott sei Dank!“ Genauso sollten wir Gott auch danken für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gesundheitsämtern, Arztpraxen, Pflegeheimen, Impfzentren und allen weiteren Einrichtungen, die uns helfen, diese Krise zu überstehen. Auch das Personal in den Supermärkten, das es uns ermöglicht uns mit allem zu versorgen, was wir für das tägliche Leben so brauchen, ist ein Geschenk Gottes für das wir ihm danken sollten.

Orgel 3. Strophe + Refrain
Ich lobe meinen Gott, der meine Tränen trocknet, dass ich lache. Ich lobe meinen Gott, der meine Angst vertreibt, damit ich atme. Ehre sei Gott auf der Erde in allen Straßen und Häusern, die Menschen werden singen bis das Lied zum Himmel steigt: Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Frieden auf Erden.

Seit mehr als einem Jahr leben wir nun mit der Bedrohung durch das Virus. Wir trauern um Angehörige, Freunde und Bekannte, die ihm zum Opfer gefallen sind und wir fürchten weiter um unsere eigene Gesundheit und die unserer Lieben. Durch die wirtschaftlichen Folgen werden Existenzen vernichtet und Lebenspläne über den Haufen geworfen. In dieser Situation können wir verzweifeln und in Lethargie verfallen oder uns an Jesus wenden. Er wird nicht alles irdische Leid von uns abwenden, aber er wird uns hindurch helfen. Dafür brauch er manchmal auch Menschen, die Trost spenden oder einfach nur zuhören können, wenn verzweifelte Menschen ihr Leid klagen. Einen Menschen von dem man weiß, dass er einsam ist, mal anrufen, ist etwas, das jeder von uns kann. Gerade für ältere Menschen, die wegen der Corona-Gefahr nicht mehr am Sonntag zum Gottesdienst kommen, kann so ein Anruf zum Highlight der Woche werden und ihnen das Gefühl geben nicht von Gott verlassen zu sein.
Ehre sei Gott und den Menschen Frieden, Frieden auf Erden.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft möge unsere Herzen und Sinne bewahren in Jesus Christus.
Amen.

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