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von Pfrarrer i.P. László Szilágyi (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg) Laszlo Szilagyi

Predigttext: Jesaja 63,15-64,3

15 So schau nun vom Himmel und sieh herab von deiner heiligen, herrlichen Wohnung! Wo ist nun dein Eifer und deine Macht? Deine große, herzliche Barmherzigkeit hält sich hart gegen mich. 16 Bist du doch unser Vater; denn Abraham weiß von uns nichts, und Israel kennt uns nicht. Du, HERR, bist unser Vater; »Unser Erlöser«, das ist von alters her dein Name. 17 Warum lässt du uns, HERR, abirren von deinen Wegen und unser Herz verstocken, dass wir dich nicht fürchten? Kehr zurück um deine Knechte willen, um der Stämme willen, die dein Erbe sind! 18 Kurze Zeit haben sie dein heiliges Volk vertrieben, unsre Widersacher haben dein Heiligtum zertreten. 19 Wir sind geworden wie solche, über die du niemals herrschtest, wie Leute, über die dein Name nie genannt wurde. Ach dass du den Himmel zerrissest und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen,

1 wie Feuer Reisig entzündet und wie Feuer Wasser sieden macht, dass dein Name kundwürde unter deinen Feinden und die Völker vor dir zittern müssten, 2 wenn du Furchtbares tust, das wir nicht erwarten, und führest herab, dass die Berge vor dir zerflössen! 3 Auch hat man es von alters her nicht vernommen. Kein Ohr hat gehört, kein Auge hat gesehen einen Gott außer dir, der so wohltut denen, die auf ihn harren. (Lutherbibel 2017)


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Liebe Gemeinde, liebe Freunde,

eine Zeit voller Erwartungen steht vor uns. Ich erwarte zum Beispiel eine Zeit mit vielen gesegneten Begegnungen, mit Gottesdiensten, vielleicht mit Besuchern aus der Heimat. Andere erwarten sich von der Arbeit ein bisschen zur Ruhe kommen zu können, wieder andere hoffen auf Heilung aus einer Krankheit, usw. Nicht, dass wir nur in den kommenden Tagen auf etwas warten, aber in dem Advent ist schon spürbar, dass sie eine besondere Zeit mit besonderen Erwartungen ist.

Worauf warten Sie denn heute? Worüber würden Sie sich am meisten freuen? Was würden Sie sich am meisten wünschen, wenn man Ihnen die Erfüllung eines Wunschs anbieten würde? Ich glaube da hätte ich in kurzer Zeit eine lange Liste, und es würde mir richtig schwer fallen Prioritäten zu setzen.

Jesaja, beziehungsweise das Volk Israel findet in dem vorgelesenen Text eine Zusammenfassung dessen, was die Voraussetzung dafür ist, alle unsere Nöte in den Griff zu bekommen. Doch, die Spannung bleibt, denn sie möchten nicht nur eine theoretische Antwort auf ihre Fragen bekommen, sie erhoffen sich eine richtige Wandlung.

  • „So schau nun vom Himmel und sieh herab“ / „dass du den Himmel zerrissest und führest herab“

In der Zeit der drastischen Kontaktbeschränkungen können wir sehr gut nachvollziehen, was Einsamkeit, Machtlosigkeit, Ausgeliefertsein bedeutet. Wie oft haben wir in dem vergangenen Jahr, den vergangenen Monaten, Tagen jemanden besucht, angerufen gar angeschrieben? Dabei haben wir uns grundsätzlich nur gewünscht von irgendjemand besucht, angesprochen zu werden. Wer sollte uns helfen, wenn kein Mensch weiß wie es uns geht? 

Im Advent bezieht sich die Frage nicht vorwiegend auf unsere körperliche, sondern eher auf unseren geistlichen Wohlstand. „Du, HERR, bist unser Vater; »Unser Erlöser«, das ist von alters her dein Name.“

Dass die beiden – körperlicher und geistlicher Zustand - voneinander nicht unbedingt zu trennen sind, ist teilweise richtig. Der, der aber im Himmel wohnt kennt das.

Gefühlt ist niemand da. Es gibt gewisse Sachen, die Menschen sowieso nicht lösen können. Es gibt Prozesse die kein Mensch anleiten kann, und gewisse Ergebnisse werden von Menschen nicht erreicht werden. Wir sind einfach auf Gott angewiesen. Das Urvertrauen zwischen Himmel und Erde kann nur von DEM wieder aufgebaut werden, DER über uns steht, und der ist unser Schöpfergott.

„Gott ist so weit von uns, er hat keine realen Vorstellungen von uns“ – sagen viele, die nicht daran glauben wollen, dass wir einen emphatischen Gott haben, der ein tiefes Mitgefühl für die Menschen hat. Um seine Entschlossenheit zu bekräftigen, hat Gott vorgenommen Jesus, seinen eingeborenen Sohn auf die Erde zu schicken. Diese Wartezeit auf Jesu Geburt sollte eigentlich Advent sein, so soll eigentlich Weihnachten gefeiert werden, dass uns Gottes Wesen bewusst ist.

„Schau…herab“, denn wir sehnen uns nach dir! Wir möchten, dass du nicht über uns hinwegschaust. Wir sind bereit dich in unser Leben hineinschauen zu lassen. Noch mehr, wir bitten dich, reiß unser Widerstand ab, und beeile dich.

Ist der Gedanke irgendwie bekannt: „Gott existiert nicht, weil wir ihn nicht sehen, nicht spüren, nicht wahrnehmen können“? Wegen dieses Gedankens haben wir sooft den Eindruck, dass er uns vor den Augen verloren hat.

Im 19. Jahrhundert hat Martin Buber der österreichisch-jüdischer Religionsphilosoph ein Wort für diesen Zustand des Menschen erfunden, das da heißt „Gottesfinsternis“. Das Wort scheint auf dem ersten Blick in sich widersprüchlich zu sein. Gott und Finsternis? Ja, dort wo wir vielleicht nicht grundsätzlich Gottes Existenz in Frage stellen, aber ihn anzweifeln. Wir leugnen zwar seine Existenz nicht, aber um uns herum sehen wir nur Finsternis und Aussichtslosigkeit. Wir sehen den uns anschauenden Gott nicht!

  • „Wo ist nun…?“ / „Warum lässt du…?“

Hat jemand von euch je an der Existenz der Sonne gezweifelt, weil sie abends nach dem Sonnenuntergang nicht mehr zu sehen war? Nein, bestimmt nicht. Denn, wenn wir sie nicht sehen, bedeutet es nichts anderes als, dass sie woanders sein Licht, seine Wärme, seine Wirkung verteilt. Nein, nur weil wir die Sonne nicht immer sehen, bedeutet weitestgehend nicht, dass sie nicht existiert, und nicht wirkt.

Ja, Gott hat auf uns herabgeschaut – nicht erniedrigend – und hat den Himmel zerrissen, seinen Sohn herabgeschickt um hautnah zu erfahren, was die Menschen empfinden, wie sie leben, was sie brauchen.

Wie oft haben wir in unserem Leben die Frage, „wo“ und „warum“ an Gott gestellt? Die zwei Fragen stellen wir schon seit unserer Kindheit immer wieder. Mit dem weist aber der Mensch interessanter Weise die Schuld von sich weg: „Nicht ich, sondern du bist verantwortlich dafür, was gerade passiert, wie es gerade läuft, warum es nicht gut ist“ usw.

Dabei hat Adam mit seiner Frau Eva sich, nachdem sie das Gebot Gottes gebrochen haben im Garten Eden versteckt. Die zweite Frage der Bibel erklang da, wo Gott fragte: Wo bist du Adam? Und seitdem, wenn Mensch und Gott einander nicht sehen, ist der Fehler nicht Gott zuzuschreiben. Er ist trotzdem darauf anzusprechen. Man darf ihm alles sagen, man darf ihm klagen, man darf ihm seine eigne  Zweifel zum Ausdruck bringen. Hauptsache: sprecht Gott bitte-bitte an!

Laut einer Erzählung fingen die Gefangenen eines Konzentrationslagers, die auf ihre Hinrichtung warteten zu „spielen“ an. Sie bildeten einen „Geschworenen-Kreis“ und listeten einzeln all ihre Klagen Gott gegenüber auf: „Gott hat uns allein gelassen“; „Gott hat uns nicht angeschaut“; „Gott hat uns nicht zugehört“; „Gott hat unser Leid nicht gesehen“; usw. Am Ende der Klages-rede erhob sich der „Spieleleiter“ und sagte mit aller Ruhe und Überzeugung: „Nun, lasst uns Gott anbeten.“

Ja, wir dürfen Gott alles sagen was wir denken, was uns bewegt, was uns bedrückt, was uns beschäftigt. Eins muss uns aber klar sein: ihm die Schuld zuzuweisen ist ungeschickt. Denn die Grausamkeiten des Lebens sind menschengemacht. Der Mensch bestimmt überwiegend selbst seinen Werdegang. Gott ist immer mit dabei, er wird aber den Menschen nie etwas aufzwingen.

  • „Kurze Zeit haben sie dein heiliges Volk vertrieben, unsre Widersacher haben dein Heiligtum zertreten. Wir sind geworden wie solche, über die du niemals herrschtest, wie Leute, über die dein Name nie genannt wurde.“

Der, der in der Vergangenheit lebt, hat kein richtiges Leben, aber der, der die Vergangenheit nicht kennt, hat auch keine Zukunft.

Über Dante hatte man in den Chroniken aufgezeichnet, dass er ein hervorragendes Gedächtnis hatte. Einmal fragte ihn ein Freund welche die beste Speise sei. „Das Ei“ – antwortete er. Nach einem Jahr trafen sie sich wieder. Der Freund wollte Dante kurz unter die Probe stellen. So hatte er das Gespräch über die beste Speise mit einer zweiten Frage fortgesetzt: Womit? – als wäre kein Jahr in der Zwischenzeit vergangen. „Mit Salz“ – antwortete der Gefragte. Er hat sich genau daran erinnert, was man ihm vor einem Jahr fragte.

Wie Vieles ist uns bereits passiert, die uns daran erinnern (könnten), dass Gott uns immer bewahrt hat. Wenn, dann gab es nur für eine „kurze Zeit“ Schwierigkeit mit dem Widersacher. Denn Jesus hatte alles in Griff. Er ist ausgesprochen deswegen auf diese Erde gekommen, weil ER dem Widersacher die Chance nehmen wollte die Menschen zu besiegen.  

Die Erwähnung von den Väter Israels im Text kann zweierlei gedeutet werden: es ist gut, wie bereits erwähnt, wenn man sich daran erinnert, dass Gott seine Liebe schon unseren Vätern gezeigt hat. Anderseits ist es aber eine falsche Vorstellung daran zu glauben, dass wir durch den Glauben unserer Väter die Rettung des Herrn automatisch vererben. Somit bleibt also die Frage: was tust du, um deine Zukunft im Gottes Hand zu legen?

Wir leben in einer Zeit voller Erwartungen. Wir möchten endlich wieder frei und fröhlich in unserem Alltag und aber auch in unserer Gemeinde leben. Was mir Hoffnung gibt ist, dass auch heute die befreiende Verheißung des liebenden Herrn erklingt und gilt: „Kein Ohr hat gehört, kein Auge hat gesehen einen Gott außer dir, der so wohltut denen, die auf ihn harren.“

Es kann durchaus richtig sein, dass wir machtlos vor unserer undurchschaubaren Zukunft stehen, aber der Herr ist größer, stärker! Vertraut darauf!

Amen

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László

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