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EWIGKEITSSONTAG - von SYBILLE FRERES, Prädikantin (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg) Bild Sybille Freres

Markus 13, Verse 28 – 37

An dem Feigenbaum aber lernt ein Gleichnis: Wenn seine Zweige saftig werden und Blätter treiben, so wisst ihr, dass der Sommer nahe ist. Ebenso auch, wenn ihr seht, dass dies geschieht, so wisst, dass er nahe vor der Tür ist. Wahrlich, ich sage euch: Dieses Geschlecht wird nicht vergehen, bis dies alles geschieht. Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen. Von jenem Tage aber oder der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater. Seht euch vor, wachet! Denn ihr wisst nicht, wann die Zeit da ist. Es ist wie bei einem Menschen, der über Land zog und verließ sein Haus und gab seinen Knechten Vollmacht, einem jeden seine Arbeit, und gebot dem Türhüter, er sollte wachen: So wacht nun; denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt, ob am Abend oder zu Mitternacht oder um den Hahnenschrei oder am Morgen,  damit er euch nicht schlafend finde, wenn er plötzlich kommt.  Was ich aber euch sage, das sage ich allen: Wachet!

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Predig

Liebe Leserin, lieber Leser,

der heutige Predigttext aus dem Markusevangelium braucht eine kleine Vorgeschichte. Jesus ist mit den Jüngern in Jerusalem angekommen, er hat sie mehrfach darauf vorbereitet, dass er sterben und in sein himmlisches Reich zurückkehren wird. Und dann erzählt er ihnen, dass er danach noch einmal wiederkommen wird – zum Endsieg über Tod, Sünde und Satan, zum Aufrichten seiner Herrschaft auf der erneuerten Erde. Und die Jünger fragen…

Wir lesen in Markus 13, Verse 28 – 37:  Jesus sagt dort: (siehe oben)

Heute ist Totensonntag – Ewigkeitssonntag – letzter Sonntag im Kirchenjahr. Selten ist - nach meinem Empfinden- ein Sonntag im Kirchenjahr so zwiespältig geprägt wie der heutige. Wenn der abgedroschene Spruch der Pädagogen, Psycho-Sozio- und sonstigen –logen gilt, dass man jeden da abholen solle, wo er oder sie steht, dann würden wir uns an ganz verschiedenen Gefühls-Orten finden. Für die einen ist es ein Sonntag wie jeder andere, für die anderen der letzte Sonntag vor dem 1. Advent und all dem, was wir damit verbinden. Und schon da trennen sich die Lager – in die Menschen, die sich auf Besinnlichkeit und Gemütlichkeit freuen, die anderen, die sich danach sehnen, es aber schon letztes Jahr da nicht gefunden haben und denen, die den Advent allein in seiner alten Bedeutung als Buss- und Vorbereitungszeit auf Christi Geburt empfinden und nicht als Klein-Weihnachten – und bei vielen ist von alledem etwas vorhanden.

Für viele Menschen ist es Totensonntag – sie haben einen Menschen, der ihnen lieb und wichtig war, im abgelaufenen Jahr beerdigen müssen, loslassen müssen. Bei manchen sind die Trauer und der Schmerz noch ganz frisch, bei anderen tut es nicht mehr ganz so weh, weil sie schon Monate geschafft haben – ohne sie oder ihn.

Andere werden vom Wort „Ewigkeitssonntag“ berührt – vielleicht weil sie aus einer gewissen Entfernung heraus erlebt haben, wie unverhofft und schnell und früh ein Leben zu Ende sein kann.  Das lässt das Wissen und manchmal auch die Angst um die eigene Sterblichkeit hochkommen. Da ist der Schritt zum Nachdenken über die Ewigkeit nur noch ein kleiner. Und manchmal stupst einen erst das Wort „Ewigkeitssonntag“ darauf – denn in einem emotional ausgeglichenen und unfallfreien Leben ist die gefühlt ja noch Ewigkeiten entfernt…Und es schwingt so vieles mit in diesem Wort „Ewigkeit“ – einerseits so viel Unsicherheit - über das wie und wann. Aber dann wieder auch etwas Tröstliches – das Vertrauen darauf, das es nicht mit unserem Tod zu Ende ist, dass uns etwas Neues und unendlich Gutes erwartet – ein nicht endendes Leben bei Gott, in seiner Gegenwart, in seiner Liebe, ohne Schmerz, ohne Trauer.

Und mancher unter Ihnen spürt jetzt vielleicht, dass er im Laufe seines oder ihres Lebens sich an allen diesen Positionen einmal befunden hat.

Und dann kommt der für heute vorgegebene Predigttext daher und trifft noch einen ganz anderen Nerv – und ein Thema, das im Alltag noch viel weiter verdrängt wird als der Gedanke an die Ewigkeit. Jesus erklärt seinen Jüngern, dass diese uns bekannte Welt ein Ende haben wird – mit seinem Wiederkommen, mit seinem zweiten Ankommen in der Menschenwelt. Und sie haben Fragen über Fragen – wie und wann und wie erkennt man es, wenn es soweit ist?

Den Jüngern liegt das Thema ganz offensichtlich gefühlsmäßig obenauf – haben sie doch erst vor kurzem begriffen, dass ihr Rabbi sterben wird – und versuchen zu verstehen, dass er zu seinem – und ihrem  und unserem – himmlischen Vater zurückgehen wird. Und jetzt müssen sie die Botschaft von seiner Wiederkehr und dem Aufrichten seiner Herrschaft auf der Erde verdauen. Und sie haben Fragen über Fragen. Viele Christen aber haben im Laufe der Jahrhunderte aufgehört, diese Fragen zu stellen – auch das Ende der Welt scheint doch noch Ewigkeiten entfernt. Warum sich jetzt schon Gedanken darum machen? Aber- Ist das so? Wer hat uns eigentlich eingeredet, dass wir das mit Sicherheit zu unseren Lebzeiten nicht erleben werden? Und bekennen wir nicht in jedem Gottesdienst im Glaubensbekenntnis „Er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters. Von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten“. Ist unser Bekenntnis an dieser Stelle unaufrichtig?

Es ist ein Wandel bei manchen Menschen erkennbar – die andauernden und sich verschärfenden Krisen dieser Welt, Kriege, Naturkatastrophen, eine immer bedrohlicher wirkende Zukunft – ist das vielleicht schon der Beginn, der Anfang vom Ende? Wenn dann noch Staatsführer vom drohenden Armageddon reden… Niemand weiß den Zeitpunkt – selbst Jesus nicht, so sagt er, sondern nur der Vater im Himmel. Deshalb sollen wir darüber nicht spekulieren. Aber er versichert ihnen - und uns- mehrfach, dass der Zeitpunkt kommen wird, an dem diese uns bekannte Welt ein Ende haben wird – wenn Sünde und Tod und Satan besiegt sind und Christi endgültige Herrschaft beginnen wird. Wer von Ihnen schon einmal das Buch der Offenbarung gelesen hat, weiß, in welch verschlüsselten und schwer verständlichen Bildern Johannes seine Visionen wiedergibt– sie machen Angst, sie schüchtern ein, sie laden fast ein, über dieses Thema nicht mehr nachzudenken. Jesus selber spricht mehrfach von dieser Zeit – und dass auch nicht in aufmunternden und aufheiternden Worten, sondern mit großem Ernst. Doch in unserem Text setzt Jesus selber einen anderen Schwerpunkt – und wie immer geht es ihm um uns. Er weiß um die menschliche Schwierigkeit, mit diesem Thema umzugehen. Und so gibt er seinen Jüngern und Jüngerinnen aller Zeiten einen Rat mit, eine Verhaltensregel, zeigt einen Weg, den wir gehen können, statt wie gelähmt vor Angst stehen zu bleiben oder uns die geistliche Decke über die Ohren zu ziehen und uns nicht mehr mit dem Thema befassen. Er sagt: Wacht! Seid wachsam! Seid wie der Türhüter in der Geschichte, die er erzählt. Macht nicht die Augen zu und verstopft eure Ohren, sondern blickt wachsam in diese Welt.

Was versteht Jesus unter dieser Wachsamkeit? Sicher nicht, wie gebannt und vielleicht wie das vielzitierte Kaninchen vor der Schlange nur und ausschließlich Ausschau zu halten nach den Vorboten des Untergangs – und darüber das Leben zu vergessen, das eigene Leben nicht zu leben. Dazu hat Gott es uns nicht geschenkt. Schließlich hat Gott uns für dieses Leben ja auch eine Aufgabe gestellt – das Reich Gottes in und unter uns wachsen zu lassen, das mit Jesus bereits auf dieser Erde begonnen hat. Vor zwei Wochen haben wir mit Guido Kohlenberg hier in Bitburg darüber nachgedacht.

Außerdem brauchen wir diese ausschließliche Fokussierung auf das Ende der Welt gar nicht – im ersten Teil unseres Predigttextes sagt Jesus ja selber, dass wir es nicht übersehen können, wenn es soweit ist. Nein, so wie Menschen, die mit wachen Augen in die Natur sehen, an den aufspringenden Blüten der Bäume das Frühjahr erkennen können, ohne dafür Biologie studieren zu müssen, so wird auch Jesu Wiederkunft unübersehbar und sicher auch unüberhörbar sein. Und bis dahin gilt – wach sein, wachsam sein. Und eben nicht nur für diese Zeichen der Zeit, sondern in allem, was unsere Aufgabe ist. Die Aufgabe des Türwärters ist es, Ausschau zu halten, ob der Hausherr kommt - aber auch die verbliebenen Bewohner des Hauses vor drohenden Gefahren zu warnen, die ihm bei seiner Ausschau auffallen, Betrüger und Gauner, die den besten Einbruchsweg auskundschaften wollen, von der Tür zu vertreiben; Bettlern ein Almosen zu geben und freundliche Auskunft an Menschen, die nach dem Weg fragen. Und sicher noch vieles mehr.

Was ist unsere uns übertragene Aufgabe? Wo und wie sollen wir wach und wachsam sein? Sind wir irgendwo Türhüter? Ich kann es nur so verstehen, dass wir Türhüter unseres Lebens, unseres von Gott geschenkten Daseins sein sollen. Und damit gibt Jesus uns hier eine Anleitung, die für unser ganzes Leben gilt – und damit prägende Auswirkung auf Tod, Ewigkeit und Endzeit hat. Seid wachsam! Es ist unsere Aufgabe, über Leib, Seele und Geist zu wachen und Bedrohungen zu erkennen. Das mit dem Leib machen wir ja doch meistens aus eigenem Antrieb, aber Jesus möchte unsere Bemühungen auch an den anderen Wachposten haben: unser Herz schützen vor Gleichgültigkeit, vor Verhärtung, vor Hass, vor Feindschaft, vor Unversöhnlichkeit. Unseren Geist freihalten von geistlichem Gesindel, das sich in unserem Haus einnisten will und die Richtung im geistlichen Haus verändern möchte – weg von Gott, hin zum „das machen doch alle so“. Einbrecher abwehren, die unserem Geist das Vertrauen auf Jesus stehlen wollen. Wach sein, damit wir Fragenden den Weg sagen können, der in eine gute und richtige Richtung führt – und nicht schläfrig auf unserer eigenen Türschwelle sitzen und darauf warten, dass schon jemand anderes, jemand, den wir für berufener, qualifizierter oder sonst wie geeigneter halten, das erledigt, was unserer Berufung, unserer Qualifikation entspricht - die uns Gott gegeben hat. Sollen wach sein und nicht schlafen, sollen eine notwendige Verhaltensänderung, eine Geste der Versöhnung, die uns entgegenkommt oder die wir vollziehen sollen, nicht verpassen, ein Hilfsangebot nicht auf morgen oder übermorgen verschieben, ein freundliches Wort heute aussprechen. Alles das, was ich jetzt nur angerissen habe, können Sie, wenn Sie möchten, zum Beispiel in der Bergpredigt im Matthäusevangelium oder im 12. Kapitel des Römerbriefes nachlesen. Wir sind von Jesus aufgefordert, uns nicht schläfrig auszuruhen auf dem, was wir glauben, gut und richtig getan zu haben, sondern uns mit wachen inneren Augen und Ohren zu hinterfragen, ob unser Leben Jesu Vorstellungen von einem gelingenden und Gottes Willen folgendem Leben entspricht. Und bei diesem Hinterfragen bekommen wir, wenn wir ehrlich antworten, natürlich oft die Antwort: nein, du hast nicht aufgepasst, du hast auf deinem Posten geschlafen, deinen Job nicht gut ausgefüllt. Wie gut ist es da zu wissen, zu glauben, darauf vertrauen zu können, dass wir jeden Tag, ja jeden Moment neu anfangen können mit der Wachsamkeit, ohne uns vor Bestrafung fürchten zu müssen. Unser Gott weiß um unsere Fehler, unsere Schläfrigkeit, er sieht unser Bemühen und rechnet das Versagen nicht an. Deswegen „ist er für uns gestorben, als wir noch Sünder waren“, wie Paulus an die Gemeinde in Rom schreibt. Für uns, die wir ihm mit so vielen Aussetzern doch folgen, ihm vertrauen. In der Gewissheit, dass Jesus mich angenommen hat, ich seine Schwester, sein Bruder bin, Gottes Kind bin, kann ich ohne Angst nach Christus Ausschau halten und seiner Wiederkunft entgegensehen, kann ich meine geliebten Verstobenen voller Trauer, aber auch voller Vertrauen in Gottes Hand abgeben. Ich kann so auch meinem eigenen Tod zuversichtlich entgegensehen und die Ewigkeit bei Jesus als wunderbare Verheißung annehmen. Denn wenn ich auch nicht weiß, wann und wie das Letzte Gericht über mich sein wird, so weiß ich doch, dass Jesus als mein Rechtsbeistand für mich eintreten wird und ich bei Ihm sein und bleiben werde.

Und so ist dieser heutige Sonntag, egal wie Sie ihn nennen, vor allem eines: die Feier der nicht mit dem Tod endenden Liebe Gottes.

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unser Fühlen und Verstehen, der bewahre unsere Herzen in Christus Jesus, dem gekreuzigten und auferstandenen und gegenwärtigen. Amen.

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