Logo

von Pfarrer GUIDO KOHLENBERG, SPEICHER (Evangelische Kirchengemeinde Bitburg)

Predigttext    TIMOTHEUS 1, 7-11
7 Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. 8 Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes. 9 Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, 10 jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium, 11 für das ich eingesetzt bin als Prediger und Apostel und Lehrer.
Onlinepredigt     Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommen wird!

Liebe Geschwister, liebe Gäste,

ich lese uns den für heute vorgeschlagenen Predigttext vor:

7 Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. 8 Darum schäme dich nicht des Zeugnisses von unserm Herrn noch meiner, der ich sein Gefangener bin, sondern leide mit für das Evangelium in der Kraft Gottes. 9 Er hat uns selig gemacht und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nach unsern Werken, sondern nach seinem Ratschluss und nach der Gnade, die uns gegeben ist in Christus Jesus vor der Zeit der Welt, 10 jetzt aber offenbart ist durch die Erscheinung unseres Heilands Christus Jesus, der dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht hat durch das Evangelium, 11 für das ich eingesetzt bin als Prediger und Apostel und Lehrer.

Ich liebe Rätsel. (Andere auch?) So fand ich vor einiger Zeit in einer Zeitschrift ein Rätsel, bei dem man immer schnell „JA“ oder „NEIN“ ankreuzen musste. Eine Frage lautete „Befindet sich der Mittwoch in der Mitte der Woche?“ Ich dachte sofort „Natürlich“ und – mit einiger Verzögerung „Hören wollen sie wahrscheinlich NEIN!“ Und so blätterte ich bei der Lösung nach (manchmal ist das ja im selben Heft zu finden) - und, tatsächlich, richtig war die Lösung „NEIN“ Natürlich weiß ich, dass bei uns gemeinhin seit langer Zeit der Sonntag als siebter Tag gilt. Natürlich spreche auch ich vom „Wochenende“.

Und doch sage ich im GD oft, dass heute (!) die neue Woche begonnen hat. Und es ist mir wichtig, den biblischen Schabbat als siebten Tag festzuhalten. Und so sage ich bei diesem Rätsel „JA“ (der Mittwoch ist nach wie vor mitten in der Woche) – auch wenn etwas anderes erwartet wird und wohl 97% deutscher Rätselfreunde  NEIN ankreuzen werden – wenn sie nur lange genug nachdenken.

Dieses „Miniereignis“ fiel mir nun bei der Vorbereitung dieser Predigt noch einmal ein. Denn ich fragte mich: Sage ich auch da mutig und kräftig JA, wo allewelt NEIN sagt? Besser vielleicht: Lasse ich Gottes JA gelten, nehme ich es in mein Leben hinein und vertrete ich es gegenüber anderen, auch wenn um mich herum wie selbstverständlich ein NEIN tönt? (Ich könnte das jetzt natürlich genausogut umgekehrt formulieren…)

Und mir stand sehr deutlich vor Augen: „nicht Furcht, aber Kraft, Liebe und Besonnenheit. Alte Übersetzungen sagen „Zucht“ - so auch in dem Trauspruch meiner Eltern! Paulus, der wohl im gehobenen Alter diese Zeilen, die wir gehört haben, an einen jungen Freund und Gemeindeleiter schreibt, sitzt im Gefängnis und strotzt wahrlich nicht vor Kraft. In seiner Frühzeit trieb ihn der Hass auf die Christen an. Für Liebe blieb da nicht viel Raum. Und besonnen war er – nun – oftmals ganz und gar nicht. Um ihn herum erlebt er nun das Siechtum der in Ketten gelegten Gefangenen. Jeder schaut, dass er irgendwie durchkommt; und zu viel Besonnenheit führt doch wohl nur dazu, dass man das Ende der Kerkerhaft gar nicht erlebt. Und natürlich herrscht unter ihnen – das nicht zuletzt – die Furcht!

Und doch schreibt genau dieser Paulus in genau dieser Situation diesen Satz Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.

Furcht (vgl „Angst“!) ist zunächst einmal etwas ganz „Menschennormales“! Nicht umsonst findet sich in der Bibel so häufig die Wendung „HAB KEINE ANGST!“ Ich könnte jetzt eigene Ängste benennen. Doch damit machen wir uns ja auch verletzbar. Ich hatte als Kind eine schlimme Erfahrung mit einer Ratte im Keller; Jahre später war es wieder eine Ratte, die mir Angst einjagte. Und ich habe bis heute Angst vor Ratten.

Jemand anders trägt seine Lieblingsratte selbstverständlich sogar am Körper mit sich rum. Es gibt Menschen, die haben Angst vor Hunden. Deshalb schenkte übrigens Herr Putin einmal Frau Merkel einen Stoffhund und ließ während eines Gespräches seinen Labrador in den Besprechungsraum!. Vor Hunden habe ich keine Angst – oder doch zumindest meistens 😊. - Genug der Beispiele.

Paulus behauptet ja auch gar nicht, dass wir keine Angst (oder Furcht) haben sollen. Er erinnert daran, dass der Geist Gottes kein Geist der Furcht ist. (Hier ist übrigens die „Ehrfurcht“ ausdrücklich auszuklammern – klar!) Wenn Gott seinen Geist schickt und schenkt, verbreitet der keine Furcht! Er verbreitet – jetzt kommt der geistliche Dreiklang des Paulus – KRAFT, LIEBE und BESONNENHEIT!

KRAFT – LIEBE – BESONNENHEIT. Wenn wir diese drei Begriffe biblisch nachverfolgen wollten, wären wir Tage beschäftigt. Deshalb ein kleiner Umweg, der uns Zeit spart. Das soll ja vorkommen, obwohl das beim Wanden bei mir noch nie geklappt hat.

Es sagte mal jemand, der jeden Sontag in die Kirche ging, er lade zum Gottesdienst keine Freunde mehr ein; da sei er dann viel zu aufgeregt und müsse sich im Zweifel auch noch schämen. „Fremdschämen“ nennt man das in Neudeutsch. Und meine Zunft setzen solche Aussagen, übrigens zurecht (!) – ziemlich unter Druck!

Manchmal schämen sich ja auch Eltern fremd, oder Kinder, oder Mitarbeiter in Firmen oder… Nicht der Begriff, aber der Gedanke ist uralt. Im Grunde schreibt Paulus dem Timotheus: „Du, ich würde mich freuen, wenn Du Dich meiner nicht fremdschämen würdest, wenn Du an mich denkst. Ich mache hier im Knast zwar keine gute Figur. Aber immerhin weiß ich, wofür und für wen ich hier brumme.“ Er schreibt hat in seinem längsten Brief: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht“! Das heißt: Ich schäme mich nicht fremd für Jesus!

So bin ich über den Umweg nun wieder beim Geist Jesu, der Kraft, Liebe und Besonnenheit schenken will: Nein, für den brauche ich mich nicht zu schämen. Egal wie peinlich sein „Bodenpersonal“ – das bezahlte und das freiwillige - sich verhält. Und egal, wie dürftig ich mich in meinem Gottvertrauen gerade anstelle und wie schlimm die Lage auch ist.

Der alte Missionar Paulus macht dem jungen Gemeindeleiter Timotheus Mut: Schäm dich nicht für mich und vertraue auf den Geist Jesu, der versprochen hat, KRAFT, LIEBE und BESONNENHEIT zu verleihen.

Ob meine Eltern das wohl damals bedacht haben? Vor nunmehr rund 60 Jahren? - Ich habe nachgeschaut, ob das vielleicht der Losungsspruch für den Hochzeitstag war – Internet macht‘s möglich! (Wars aber nicht!) Ob die Ehe meiner Eltern das für den Sohn abgebildet hat, gehört hier nicht hin! - Dass mir selber oft die Kraft verlorengeht und die Liebe fehlt und die Besonnenheit zu kurz kommt – das kann ich sicher sagen.

Manchmal erschöpft mich schon eine Gruppenstunde! Manchmal reicht ein Telefonat aus, um mein Liebespensum aufzubrauchen. Manchmal gehen mir schon bei einem Satz meines Gegenübers die Gäule durch.- Und ich wäre doch einmal so gerne wie Paulus!

Da Paulus aber vom Geschenk redet, muss ich das eben nicht produzieren, sondern kann mich in JESU Arme werfen, mich seinem Geist öffnen – gerade jetzt. Das kann ich genau jetzt sogar zum ersten Mal machen… (GEBETSTILLE) Ich darf ihn gewissermaßen anzapfen – seine Kraft spüren, seine Liebe erfahren und mich von seiner Besonnenheit durchdringen lassen! Und wenn das alles gar nicht geschieht, kann ich ihm immer noch mein Leid klagen. Und dabei gewiss sein, dass Jesus nicht vor lauter Fremdschämen den Kopf abwendet und das Herz gleich mit! – NEIN!

Dass hier gerade einer in dieser Weise seinen Glauben in Worte gießt, der mindestens einmal komplett gescheitert ist in seinem Leben und etliche Male Schiffbruch erlitten hat, das macht mir Mut.

Gott kann ganz offenbar etwas mit Menschen anfangen, die sich selber nicht als Helden bezeichnen würden. Und er setzt gerade da an, wo die Kraft lautlos flöten geht, die Liebe herzlos erlischt und die Besonnenheit sich selber verloren hat. – Das will ich jedenfalls gerne ganz neu hoffen!

Und vielleicht erinnert mich dieser Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit in der angefangenen (!) Woche - vielleicht ja mittendrin in der Woche 😊 - an den einen, den ich anrufen könnte. Oder er erinnert jemand anders … an mich! Alte an Jüngere, „Glaubenshelden“ an Zaghafte und Vorsichtige an „Gipfelstürmer“.

Ja, Gott hat uns nicht den Geist der Furcht verliehen, sondern den Geist der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit. Wenn ich dem alten Paulus glauben darf, hat dieser Jesus das LEBEN ans Licht gebracht und will das auch noch hier und heute! – Und weil dieser Geist sich meistens der leisen Töne bedient und ohne „Flüstertüte“ redet, lohnt es sich genau und auch ein zweites Mal hinzuhören!

UND DER FRIEDE GOTTES, DER HÖHER IST ALS ALLE UNSERE VERNUNFT, DER BEWAHRE UNSERE HERZEN UND SINNE IN CHRISTUS JESUS, DEM GEKREUZIGTEN UND AUFERWECKTEN UND GEGENWÄRTIGEN! (Amen)

Projekte, die wir unterstützen

Opendoors

Open Doors unterstützt verfolgte Christen mit Selbsthilfe-Projekten, Literatur, Schulung von Leitern, hilft Gefangenen und den Familien ermordeter Christen. 

+ mehr

Familie Schmid in Taiwan

Familie Schmid ging vor über 1 1/2 Jahren als Missionare nach Taiwan um einheimische Pastoren auszubilden.

+ mehr
 

Links