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Mühen des Alters

von Dr Andreas Steinke (Freien Evangelische Gemeinde Wittlich)

Predigttext    Prediger Kapitel 12, 1-8

1 Denk an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe die bösen Tage kommen und die Jahre sich nahen, da du wirst sagen: »Sie gefallen mir nicht«;
2 ehe die Sonne und das Licht, Mond und Sterne finster werden und Wolken wiederkommen nach dem Regen, –
3 zur Zeit, wenn die Hüter des Hauses zittern und die Starken sich krümmen und müßig stehen die Müllerinnen, weil es so wenige geworden sind, und wenn finster werden, die durch die Fenster sehen,  
4 und wenn die Türen an der Gasse sich schließen, dass die Stimme der Mühle leiser wird, und wenn sie sich hebt, wie wenn ein Vogel singt, und alle Töchter des Gesanges sich neigen;
5 wenn man vor Höhen sich fürchtet und sich ängstigt auf dem Wege, wenn der Mandelbaum blüht und die Heuschrecke sich belädt und die Kaper aufbricht; denn der Mensch fährt dahin, wo er ewig bleibt, und die Klageleute gehen umher auf der Gasse; –
6 ehe der silberne Strick zerreißt und die goldene Schale zerbricht und der Eimer zerschellt an der Quelle und das Rad zerbrochen in den Brunnen fällt.
7 Denn der Staub muss wieder zur Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.
8 Es ist alles ganz eitel, spricht der Prediger, ganz eitel.

Gnade sei mit euch und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommen wird!

Liebe Geschwister, liebe Gäste,

Den Predigttext des heutigen Sonntags finden wir im AT im Buch des Prediger Kapitel 12, die ersten 8 Verse:
Der Prediger – diese Weisheiten werden dem alttestamentlichen König Salomo zugeschrieben - schreibt dort über die Beschwernisse des menschlichen Alterns: s.o.

Der Prediger spricht in einer blumigen, orientalischen Bildersprache von den Mühen des Alterns des Menschen: Wer unter uns kennt sie nicht, diese Einschränkungen im Alter, Gebrechlichkeiten und Krankheiten.
Der Prediger spricht von „bösen Tagen“, in Vers zwei „ehe die Sonne und das Licht, Mond und Sterne finster werden“ oder in Vers 3 „und wenn finster werden, die durch die Fenster sehen,“:  das Sehvermögen nimmt ab - grauer Star?
Wenn die Hüter des Hauses zittern und die Starken sich krümmen: die Finger fangen an zu zittern und die Beine werden krumm.

Sich krümmen und müßig stehen die Müllerinnen, weil es so wenige geworden sind: die Zähne fallen aus, sie werden weniger und das Kauen wird schlechter die Stimme der Mühle leiser wird: die eigene Stimme wird dünner und piepsiger der Mandelbaum blüht weiß: die eigenen Haare werden weiß wenn man „vor Höhen sich fürchtet und sich ängstigt auf dem Wege“: Sind Sie schon einmal am Berg ins Schnaufen geraten oder unsicher beim Gehen geworden?

Zum Schluss wird der Prediger schonungslos, er spricht vom sicheren Tod des Menschen in Bildern:
ehe der silberne Strick zerreißt und die goldene Schale zerbricht, und der Eimer zerschellt an der Quelle und das (Schöpf-)Rad zerbrochen in den Brunnen fällt. Der Tod als Ende des menschlichen Lebens?
Der Prediger erwähnt die Klageleute am Grab des Menschen: der Staub muss wieder zur Erde kommen: Erde zu Erde und Asche zu Asche und Staub zu Staub: Worte am Grab des Menschen, die wir nicht gern hören. Vers acht schließt ab: alles ist Nichtigkeit, alles ist sinnlos, vergeblich, eitel.

Dieser Text erinnert mich an Worte des Philosophen Heidegger: Leben ist ein Sein zum Tode.
Oder an Gottfried Benn in dem Gedicht „Nur zwei Dinge“:

„Was alles erblüht, verblich,
es gibt nur zwei Dinge:
die Leere und das gezeichnete Ich.“

Der Prediger Salomo hat recht:
menschliches Leben läuft auf den Tod zu, Leben ist definiert durch den Tod.
Wir versuchen in unserer heutigen Zeit den Tod zu verdrängen, ihn hinauszuschieben: Lesen und befolgen Bücher als Antiageingratgeber, treiben Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen schließen eine Lebensversicherung ab. Wir meinen damit, den Tod auszuspielen. In Wahrheit ist eine Lebensversicherung nur eine finanzielle Absicherung der Hinterbliebenen, der Verstorbene hat gar nichts davon. Unsere Gesellschaft verdrängt den Tod in Krankenhäuser und Altenheime, in Hospize. In der Versorgung dieser Alten wird der Pflegenotstand, finanziell und vor allem auch personell immer größer. Ohne ein Heer billiger Pflegekräfte aus dem Ausland wäre die Situation noch viel schlimmer, die Reisebeschränkungen für diese Kräfte während der Anfangsphase der Coronapandemie haben das ja sehr deutlich zu Tage gefördert. Es hilft nicht, wenn in der Werbung nun nicht nur junge Menschen gezeigt werden, sondern auch rüstige Ältere – diese haben ja oftmals einiges an Geld, an das die Werbebranche herankommen will. Diese rüstigen Älteren sind die eine Seite, die kranken, gebrechlichen und depressiven Menschen mit Leiden prägen das Bild in den Arztpraxen in heimischen Pflegebetten und Altenheimen.
Ich merke diesen Alterungsprozess an mir selbst, die Brille ist unverzichtbar geworden, die körperlichen Reserven und Belastbarkeiten werden weniger, die sportlichen Leistungen von vor zehn Jahren erreiche ich nicht mehr. Ich weiß, das ist erst der Anfang.

Also hat der Prediger recht: alles ist Nichtigkeit, alles ist sinnlos, vergeblich, eitel?
Ist das die einzige – depressiv niederdrückende Botschaft des Predigers?
Oberflächlich betrachtet ja, aber:

Der Zusammenhang unseres Textes beginnt aber schon im Kapitel davor - im Kapitel 11, Vers 9: Da spricht der Prediger seine Adressaten an: Freue dich Jüngling in deiner Jugend... Wisse, dass um all dieser Dinge der Jugendzeit Gott dich zur Rechenschaft ziehen wird...
Kap.12, V1:
Und denke an deinen Schöpfer in den Tagen deiner Jugendzeit, bevor die Tage des Übels kommen und die Jahre herannahen, von denen du sagen wirst: Ich habe kein Gefallen an ihnen.
Diese Ermahnung wird noch zweimal in unserem Text wiederholt:
V2….[ich füge sinnhaft in den Text ein: gedenke an deinen Schöpfer,] bevor sich verfinstern die Sonne und das Licht
V6....[gedenke an deinen Schöpfer,] bevor die silberne Schnur zerreißt, also der Tod eintritt

Der Schlüssel dieses Textes ist die Aufforderung des Predigers, Gott in sein Leben in guten Zeiten einzubeziehen: gedenke an deinen Schöpfer. Gott erst in schlechten Zeiten des Alters aufzunehmen ist wesentlich schwieriger.
Ein Leben unter der Führung und Erfahrung Gottes in jungen Jahren einzuüben.
Ich bin dankbar, dass ich dies erfahren durfte: Gott ist in meinem Leben eine persönliche Größe, dass ich eine persönliche Beziehung zu diesem Gott schon seit meinem sechzehnten Lebensjahr pflegen darf. Dass es Menschen gegeben, hat, die mir von Gott erzählt haben, ihn mir lieb gemacht haben. Dass es Menschen gegeben hat, die mir gezeigt haben, wie unter der guten Führung dieses Gottes meinen Alltag ausgestalten kann.

Der Psalm ist weist im Zusammenhang des Alterns auf Gott hin in Psalm 90:
10 Die Tage unserer Jahre sind siebzig Jahre, und, wenn in Kraft, achtzig Jahre, und ihr Stolz ist Mühe und Nichtigkeit.... ähnliche Aussage wie bei unserm Prediger aber dann
Vers12 So lehre <uns> denn zählen unsere Tage, damit wir ein weises Herz erlangen!
Vers14 Sättige uns am Morgen mit deiner Gnade, so werden wir jubeln und uns freuen in allen (!) unseren Tagen.  Also auch an den Tagen des Alters mit allen seinen Einschränkungen Gottes Gnade im eigenen Leben spüren können.

Wer in guten Zeiten eine Beziehung zu Gott einübt, hat in schlechten Tagen einen Schatz an Erfahrungen im Herzen, der ihn dann auch tragen kann.

Psalm 92 verheißt über alte Gottesmenschen:

15 Noch im Greisenalter gedeihen sie, sind sie saftvoll und grün

Jes 40,31.29

31 Aber die auf den HERRN hoffen, gewinnen neue Kraft: sie heben die Schwingen empor wie die Adler, sie laufen und ermatten nicht, sie gehen und ermüden nicht.
29 Er gibt dem Müden Kraft und dem Ohnmächtigen mehrt er die Stärke.

Ich weiß nicht, wie Sie, lieber Leser persönlich zu Gott stehen, ob und wie sie Gott in ihrem Leben erfahren.
Jesus Christus lädt zur Gemeinschaft mit ihm ein, gerade die Schwachen und Müden Jesus Christus sagt in Mt 11,28-30

28 Kommt her zu mir, alle ihr Mühseligen und Beladenen! Und ich werde euch Ruhe geben.
29 Nehmt auf euch mein Joch, und lernt von mir! Denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, und »ihr werdet Ruhe finden für eure Seelen«;
30 denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.

Ich kann im Gebet Jesus Christus Sorgen des Alltags sagen, berufliche Dinge oder Sorgen mit meinen Kindern. Gerade im vergangenen Monat hat sich ein Streit mit einem meiner Kinder auf wunderbare Weise gelöst.

Aber noch viel weitreichendere Verheißung hat der Glaube an Jesus Christus, den Auferstandenen:
Jesus hat die Antwort auf den Tod:
Jesus Christus über sich:
Joh 11,25

25 Ich bin die Auferstehung und das Leben; wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist;  

Jesu Statement überwindet die Aussage eines Philosophen Heideggers: Leben ist ein Sein zum Tode
Jesu Statement überwindet Gottfried Benns Gedichtzeile: es gibt nur zwei Dinge: die Leere und das gezeichnete Ich
Jesus Christus weist über die Aussage des alttestamentlichen Predigers: „alles ist Eitel“ hinaus
und ist größer als meine und deine Krankheiten und Gebrechen.
Jesu Statement ist mächtiger als mein und dein Tod. Das ist meine Hoffnung gerade für kommende Jahre des Alters.
Schon der Psalmbeter vertraut in Ps 23, dem Psalm vom guten Hirten:

„Auch wenn ich wandere im Tal des Todesschattens, fürchte ich kein Unheil, denn du bist bei mir; dein Stecken und dein Stab, sie trösten mich.“  

Jesus Christus ist die Erfüllung dieser Hoffnung:

„Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, wird leben.“

Amen

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